Nun sind wir schon 80 Tage unterwegs. In der Zeit umrunden manche die Welt. Wir dagegen verbringen 60% der Zeit im Großraum Athen. Richtig glücklich darüber sind wir nicht, aber wir haben es den Umständen entsprechend gut getroffen und können uns nicht beklagen.
Seit dem letzten Artikel sind 3 Wochen vergangen, in denen verhältnismäßig wenig passiert ist. Die Schneeketten sind nach einem Monat Versand endlich bei uns eingetroffen und wir haben ein wirkliches Schnäppchen gemacht. Dank dem Lager von Peter in unserer Werkstatt in Deutschland haben wir robuste Profiketten stark vergünstigt bekommen. Zudem konnten wir die Schwierigkeiten mit dem Land Rover Autohaus klären, die uns am Tag vor Weihnachten den Gepäckträger gegen einen Unterzug gefahren hatten. Dreimaliges Anrufen am Tag und hartnäckiges Verhalten mit einem spontanen Besuch vor Ort haben sie endlich dazu gebracht, uns einen Schadensersatz von 140€ zu zahlen und wir sind froh, die Sache endlich abhaken zu können. Leider haben wir noch keinen Termin bei der Werkstatt bekommen, die die Zylinderkopfdichtung von George reparieren sollen. Wir könnten zwar zu einer anderen Werkstatt gehen, die einen früheren Termin hätte, jedoch würden wir dort fast das Doppelte zahlen müssen.
Die lange Zeit des Wartens vertreiben wir uns weiterhin mit kleinen Ausflügen in Athen. Am zweiten Weihnachtstag geht es mit der Seilbahn hoch hinauf zum Regency Casino Mont Parnes. Die Aussicht über Athen ist weit besser als das Casino, das die besten Tagen bereits hinter sich hat. Dennoch stellt sich im Inneren ein Gefühl der Vorfreude ein, als wir die Räume mit leuchtenden Spielautomaten betreten. Nach einem kostenlosen Begrüßungscocktail mit ordentlich Schuss setzten wir uns an den ‚Einarmigen Banditen‘. 5€ ist jeweils unser Einsatz und prompt hagelt es Verluste. Ich schaffe es tatsächlich nach weiteren Runden meinen Gewinn zu verdreifachen, doch Alex verliert leider alles. Bevor uns die Spielsucht packt verlassen wir schnell das Casino wieder und machen uns auf den Heimweg.
Von der Wohnung Alex‘ Großeltern ist es fußläufig nicht weit bis zum Olympischen Stadion von Athen. 2004 fanden hier an 16 Tagen die olympischen Spiele statt mit über 10.000 Athleten aus 200 verschiedenen Ländern in 300 spielen. Für ein einheitliches architektonisches Gesamtbild des neu gebauten Komplexes wurde damals der Stararchitekt Santiago Calatrava beauftragt. Die Kosten stiegen in das 5-fache der eigentlichen Planung. Heute ist es ein riesiges Gelände, das kaum genutzt wird und langsam verfällt. Das 15km weit entfernte neugebaute Olympische Dorf ist dem Verfall sogar komplett ausgesetzt. In ganz Athen finden sich die Zugänge von damals geplanten Brücken, die einfach nicht fertig gebaut werden. Nutzlos stehen sie abgesperrt in der ganzen Stadt verteilt. Das historische Olympiastadion Panathinaiko im Stadtzentrum, dass wir Tage später besuchen, wird hingegen intensiv in Stand gehalten. Leider finden hier aufgrund verschärfter Bestimmungen nicht mehr viele Veranstaltungen statt. Ein Besuch lohnt sich jedoch allemal.
Den Silvesterabend verbringen wir im Kreis der Familie. Nach griechischer Tradition wird nach dem Festmahl ein Kuchen gereicht, in dem eine Münze eingebacken ist. Der Finder dieser Münze bekommt 10€. Gemeinsam warten wir danach auf Mitternacht und beobachten im Fernsehen das bunte Treiben am Syntagma-Platz im Zentrum Athens, das mit der Silvesterfeier am Brandenburger Tor vergleichbar ist, nur etwas kleiner. Viele Raketen sieht man um Mitternacht zu meinem Bedauern leider nicht. Darauf folgt das traditionelle Kartenspiel „31“, bei dem Gewinnen als Omen für finanzielles Glück im neuen Jahr steht. Das Verlieren steht dagegen für Glück in der Liebe. Bei 12 teilnehmenden Personen und 10€ Einsatz kommt einiges zusammen. Leider verlieren wir, aber Liebe ist ja auch besser als Geld.
Im neuen Jahr spazieren wir durch Athen und besuchen das archäologische Naitonalmuseum. Es gilt als größtes Museum Griechenlands und umfasst 20 000 Meisterwerke. Es ist jedoch unser gefühlt hundertstes Museum griechischer Geschichte und beeindruckt uns weniger. Viel haben wir bereits in anderen Museen gesehen und die lieblose Aneinanderreihung der Objekte ermüdet schnell. Das Museum of Ancient Greek Technology ein paar Straßen weiter ist hingegen sehr spannend. Wir dürfen einige Maschinen ausprobieren und es gibt viel zu entdecken. Schon damals gab es eine automatische Dienerin, die je nach Wunsch des Gastes Wein oder Wasser einschenkte. Der Weg dorthin führte uns durch das autonome Exarchia Viertel Athens. Es unterscheidet sich von der restlichen Stadt extrem was unter anderem deutlich wird durch die stark ausgeprägte Streetart-Szene. Hinter einem Metallzaun entdecken wir das besetzte Universitätsgebäude, dass nun den vielen Flüchtlingen in Athen als Unterschlupf dient.
Bei den mehrmaligen Fahrten zu den verschiedenen Werkstätten und Autohäusern hinunter in Richtung Piräus ist uns ein Gebäude besonders aufgefallen. Es ist das Stavros Niarchos Foundation Cultural Centre (SNFCC) und das größte Gebäude Athens. Die Gebäudemasse hat Renzo Piano in seiner Planung unter einer schräggeneigten, zur 6-spurigen Uferautobahn bis auf 35 Meter ansteigende 20 Hektar große Parkfläche gestellt. Der Blick vom Lighthouse im obersten Geschoss ist atemberaubend. Im Gebäude selbst befinden sich die griechische Staatsoper und Nationalbibliothek. Auf der Wasserfläche seitlich des Gebäudes kann zur Zeit unseres Besuches Schlittschuhgefahren werden. Unter strengen Regeln wagen wir uns bei 13°C Außentemperatur aufs Eis und haben 45min lang sowas wie Spaß.
Unser letzter Ausflug geht ans Meer und an Deck der Averoff. Die Suche nach einem passenden Getriebeöl für unser Lenkgetriebe stellt sich schwieriger als gedacht aber als erfolgreich heraus, bewirkt jedoch, dass wir nur 25 Minuten das ehemalige Militärschiff entdecken können. Der Panzerkreuzer kämpfte ab 1911 in vier Kriege und ist der letzte noch schwimmende schwere Panzerkreuzer der Welt. Die 25 Minuten haben natürlich nicht ausgereicht, um ansatzweise die Geschichte des Kreuzers zu begreifen.
George darf in der ganzen Zeit natürlich nicht zu kurz kommen. Wir hatten am 07.01. einen Besuch bei einer sehr sympathischen Werkstatt hier in Athen. Leider hatten sie den Termin nur für einen kurzen Drucktest eingeräumt und nicht für den Check der Zylinderkopfdichtung. Den Test hatten wir nun bei drei verschiedenen Werkstätten gemacht und wissen jetzt absolut, dass es keine Undichtigkeiten im Kühlwasserkreislauf gibt und so das verschwindende Kühlwasser im Verbrennungsraum verdampfen muss. Ob es nur eine verschlissene Dichtung ist oder gar ein Riss im Zylinderkopf wird sich herausstellen, sobald wir einen neuen Termin bekommen. Zwei bis drei Wochen ist die Prognose. Heute haben wir George noch eine neue Tonne auf den Gepäckträger geladen, in der wir die schweren Schneeketten lagern. Mit dem Ersatzrad, der Alukiste und den zwei Tonnen haben wir die 150 möglichen Kilogramm vermutlich ausgereizt.
Nun noch etwas verspätet die Bilanz der zweiten 38 Tage, die wir nun schon unterwegs sind. Insgesamt haben wir ca. 650 € ausgegeben. 21% davon haben wir dieses Mal nur für den Diesel ausgegeben, da wir deutlich weniger Kilometer gefahren sind. 28% für Lebensmittel und 37% für sonstige Notwendigkeiten unter die in dieser Zwischenbilanz der ungewollte Service von George fällt. 2% haben wir nur für Fähren, Maut und Bus- oder Zugtickets ausgegeben und 13% für Freizeitaktivitäten. Das ergibt einen Tagessatz pro Person von 8,45 € und 24,30km Fahrt pro Tag.
gez. Eileen